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Hans-Martin Schneeberger als Präsident bei CECIMO

Hans-Martin Schneeberger als Präsident bei CECIMO

Hans-Martin Schneeberger wurde für die nächsten zwei Jahre zum Präsidenten des europäischen Dachverbands der Werkzeugmaschinenhersteller CECIMO gewählt. Im Gespräch gibt er einen Einblick in die Rolle und Arbeitsweise des Verbands. Er erklärt, vor welchen Herausforderungen die Werkzeugmaschinenbranche steht und welche Dossiers er in seiner Amtszeit vorantreiben will. Das Interview führte Gabriela Schreiber.

Was bedeutet für Sie das Amt als Cecimo-Präsident persönlich?

Hans-Martin Schneeberger: Ich schätze das Vertrauen sehr, welches mir mit der Übertragung dieser Aufgabe von den Verantwortlichen der nationalen Mitgliederverbände in Europa entgegengebracht wurde. Dabei kann ich auf ein gutes und eingespieltes Team zählen. Es ist mir ein Anliegen, in meiner Amtszeit vor Ort Präsenz zu zeigen und den direkten Kontakt zu pflegen, nicht nur mit dem Büro in Brüssel, sondern auch mit den Mitgliedverbänden.

Mit Blick auf die Schweiz habe ich den Vorteil, dass ich seit Jahren im Komitee der Swissmem-Fachgruppe «Werkzeugmaschinen und Fertigungstechnik» bin und früher auch im Vorstand von Swissmem vertreten war. Ich kenne die Branche und ihre Anliegen sehr gut.

Was zeichnet denn die europäische und insbesondere die schweizerische Werkzeugmaschinen-Industrie aus?

Hans-Martin Schneeberger: Die Branche in Europa und vor allem in der sogenannten DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) produziert im anspruchsvollen Segment und zeichnet sich durch technologisch hochstehende Produkte aus. Dadurch war sie in der Vergangenheit wenig verwundbar gegenüber Neueinsteigern wie beispielsweise Taiwan oder Korea. In Zukunft können wir diese Stärke aus meiner Sicht jedoch nur dann weiter ausspielen, wenn wir die Digitalisierung bewältigen.

Damit sind wir bei den Herausforderungen. Was kommt auf die Branche zu?

Hans-Martin Schneeberger: Ich bin der Meinung, dass sich die Industrie an einem kritischen Punkt befindet. Insbesondere zwei Themen werden in diesem Zusammenhang einschneidende Auswirkungen haben.

Mit Blick auf das Marktumfeld geht es um die zunehmende Umstellung auf die Elektromobilität. Noch können wir das Ausmass nicht abschätzen. Tatsache ist aber, dass das Volumen beim Formen und Spanen für ein reines Elektroauto nur noch etwa die Hälfte beträgt. Wenn man sich gleichzeitig vor Augen hält, dass unter Berücksichtigung der gesamten Zulieferindustrie etwa 50% der Produkte aus der Werkzeugmaschinenbranche im Automobilsektor zum Einsatz kommen, sprechen wir von einer tiefgreifenden Umwälzung.

Auf der technologischen Seite geht es wie bereits vorhin erwähnt um das Thema digitale Vernetzung, künstliche Intelligenz und Machine Learning. Der sinnvolle Einsatz dieser Möglichkeiten wird über die Zukunft der Firmen entscheiden.

Welche Rolle spielt Cecimo bei der Bewältigung dieser Aufgaben?

Hans-Martin Schneeberger: Die Unternehmen können diese Herausforderungen nicht alleine stemmen. Das regulatorische Umfeld muss auf europäischer Ebene den neuen Bedingungen zeitnah angepasst werden. Es braucht gemeinsame Lösungen für Standards und Schnittstellen. Und es gilt den gesetzlichen Rahmen für den sogenannten «Digital Single Market» zu schaffen. Dieser digitale europäische Binnenmarkt ist eine wichtige Voraussetzung, um auch im nicht personenbezogenen Datenbereich einen hindernisfreien grenzüberschreitenden Austausch zu ermöglichen.

Hier setzen wir mit unserer Arbeit an und sind in verschiedenen Gremien aktiv an der Erarbeitung dieser Normen, Standards und Protokollen beteiligt. Wir pflegen ausserdem Kontakte zu den entsprechenden Mitgliedern des europäischen Parlaments sowie relevanten Fachleuten und stellen sicher, dass wir zu Stellungnahmen eingeladen werden. Wie beispielsweise aktuell bei der Überarbeitung der Maschinenrichtlinie. Das machen wir teilweise direkt in Brüssel, aber auch die einzelnen Mitgliederverbände suchen den Austausch mit den jeweiligen national delegierten Mitgliedern des europäischen Parlaments, um die Branchenanliegen einzubringen. Auf diese Weise ist es uns über die Jahre gelungen, zu einer Organisation zu werden, deren Stimme Gewicht hat.

Gehen die Aktivitäten von Cecimo auch über den europäischen Raum hinaus?

Hans-Martin Schneeberger: Ja das tun sie. Das in Europa produzierte Volumen an Werkzeugmaschinen ist das grösste weltweit. Dementsprechend sind die von uns entwickelten Standards wegweisend und wir haben ein Interesse daran, dass sie sich auch international durchsetzen. Mit der Schnittstelle umati beispielsweise sind wir dabei, einen tollen und zukunftsweisenden Ansatz mit Vorbildcharakter zu entwickeln.

Organisatorisch sieht das so aus, dass wir im Rahmen internationaler Leitmessen den Austausch mit dem amerikanischen, chinesischen und japanischen Verband pflegen und auch bedeutende Hersteller aus den jeweiligen Ländern zu Gesprächen beiziehen können. Wird man sich bei technischen Anliegen einig, können diese anschliessend über die nationalen Verbände bei den Regulierungsinstanzen eingebracht werden.

Wie profitieren Schweizer Unternehmen von Cecimo?

Hans-Martin Schneeberger: Jedes Land kann über seinen nationalen Verband die eigenen Interessen einbringen. Man führt Diskussionen und sucht nach einer gemeinsamen Lösung. Das Produktionsvolumen von Deutschland ist dreimal grösser als dasjenige der Schweiz; verständlicherweise hat unser Nachbarland dadurch ganz andere Möglichkeiten und Kapazitäten für die Ausarbeitung technischer Lösungen. Wir profitieren von diesen Vorarbeiten, weil wir bereits während deren Entstehung einbezogen werden. Ich schätze es sehr, dass wir auf Schweizer Seite technisch äusserst kompetente Leute haben, die sich fundiert in die Diskussionen einbringen können.

In diesem Jahr startet die Revision der EU-Maschinenrichtlinie. Die Begleitung dieses Prozesses ist sicherlich eine wichtige Aufgabe von Cecimo?

Hans-Martin Schneeberger: Da sind wir intensiv dran. Wir haben während der Vorarbeiten zur Revision Positionspapiere verfasst und deponiert. Anlässlich der letzten EMO Hannover 2019 fanden Sitzungen mit zuständigen Personen statt und Ende letzten Jahres sind wir mit einem Grossteil der relevanten europäischen Parlamentarier zusammengekommen, um ihnen unsere Anliegen darzulegen. Grundsätzlich sollten aus unserer Sicht an der Richtlinie so wenig Anpassungen wie möglich gemacht werden. Wir verstehen natürlich, dass neuen Entwicklungen wie der Digitalisierung Rechnung getragen werden muss. Gleichzeitig sehen wir aber an anderen Stellen auch Potenzial für Vereinfachungen.

Gibt es noch ein Anliegen, das Sie im Rahmen dieses Gesprächs äussern wollen?

Hans-Martin Schneeberger: Ich wünsche mir, dass wir Schweizer dem europäischen Projekt eine konstruktive Haltung entgegenbringen und uns überlegen, was wir beitragen können. Unseren Wohlstand verdanken wir auch der Tatsache, dass wir um uns herum Märkte haben, in die wir unsere Produkte verkaufen können. Wenn es Europa gut geht, schlägt sich das auch als wirtschaftlicher Erfolg bei uns nieder.